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Können Stablecoins eine echte Alternative zum klassischen Devisenhandel werden?

1. Mehr als nur der Dollar

Über Jahre waren Stablecoins gleichbedeutend mit dem US-Dollar. Ob USDC, USDT oder DAI – fast alle wertstabilen Krypto-Assets waren an den USD gekoppelt und festigten so dessen Dominanz auch in der Welt der Dezentralisierung. Doch inzwischen treten neue Player auf den Plan: der eurobasierte EUROC, der ZCHF für den Schweizer Franken oder XSGD für den Singapur-Dollar.

Was zunächst wie ein Nischenthema wirkt, eröffnet vor allem für risikobewusste Anleger und global aktive Nutzer eine neue Dimension: Währungsrisiken absichern oder mit mehreren Währungen arbeiten – direkt on-chain, ganz ohne Bankverbindung oder Devisenbroker.

Ein vollständiger Forex-Ersatz ist das noch nicht – aber es funktioniert bereits überraschend gut.


2. Was heute schon möglich ist

Trotz ihres frühen Entwicklungsstands haben einige Stablecoins mit Fiat-Bezug inzwischen ein Niveau erreicht, das einfache, aber praktikable Währungsoperationen erlaubt. Dazu zählen:

  • EUROC von Circle – mit regulatorischem Rückhalt und EUR-Bindung
  • ZCHF – ein kryptobesicherter Franken-Token mit Fokus auf Transparenz
  • XSGD – ein durch SGD gedeckter Stablecoin mit Regulierung aus Singapur
  • Und natürlich der DeFi-Standard: USDC, nach wie vor der vertrauenswürdigste USD-Stablecoin

Mit diesen Token lassen sich bereits heute:

  • Stablecoin-Swaps zwischen Währungen durchführen (z. B. USDC ↔ EUROC)
  • Stablecoin-Portfolios diversifizieren, um USD-Risiken zu minimieren
  • Grenzüberschreitende Zahlungen in verschiedenen Währungen tätigen
  • Liquidität in Pools bereitstellen – mit implizitem Währungsengagement

Auch wenn diese Möglichkeiten noch wenig genutzt werden, erlauben sie erstmals eine globale, on-chain nutzbare Bargeldschicht über mehrere Währungen hinweg – etwas, das früher nur mit mehreren Bankkonten denkbar war.


3. Risikolandschaft: Warum es (noch) kein echtes Forex ist

So spannend das Thema auch klingt – eines ist klar: Von echtem Devisenhandel ist die Blockchain-Welt noch weit entfernt. Die Werkzeuge sind begrenzt, die Infrastruktur fragmentiert – und die Risiken real.

Liquiditätsrisiken

Viele Nicht-USD-Stablecoins leiden unter geringer Handelsaktivität und flachen Orderbüchern. Schon mittelgroße Transaktionen verursachen teils hohe Slippage. In Stressphasen ist der Ausstieg oft schwierig.

Smart-Contract-Risiken

Wer mit synthetischen oder kryptobesicherten Stablecoins wie ZCHF oder agEUR arbeitet, begibt sich in die Hände komplexer DeFi-Protokolle – mitsamt Risiken wie fehlerhaften Oracles, Liquidierungsproblemen oder Governance-Lücken.

Peg-Instabilität

Selbst "stabile" Stablecoins können ihre Bindung verlieren. Während Fiat-gestützte Token wie USDC oder EUROC relativ konstant bleiben, haben synthetische Varianten wie agEUR oder jCHF teils erhebliche Abweichungen vom Zielwert erlebt.

Regulierung & Zensur

Zentral ausgegebene Stablecoins wie USDC oder XSGD bieten zwar Vertrauen, unterliegen aber auch regulatorischen Eingriffsmöglichkeiten. Accounts können gesperrt oder Gelder eingefroren werden – was einem klassischen Gegenparteirisiko ähnelt.

Fehlende Derivate

DeFi kennt aktuell keine strukturierten Finanzprodukte für Stablecoin-Paare – also keine Forwards, Optionen oder FX-Leverage-Produkte. Damit fehlen zentrale Instrumente für Hedging und FX-Spekulation.


4. Praxisbeispiele: So funktioniert Hedging heute schon

Trotz limitierter Mittel gibt es bereits konkrete Anwendungsfälle, in denen Stablecoin-basiertes Hedging funktioniert. Drei Beispiele:

Fall 1: Euro-orientierter DeFi-Anleger

Ein Krypto-Investor mit Wohnsitz in Deutschland erhält Zinsen in USDC über Lending-Protokolle wie Aave. Um Wechselkursrisiken zum USD zu begrenzen, tauscht er regelmäßig in EUROC und hält sein Portfolio damit EUR-nah. Das Ganze läuft on-chain – ohne Bank, ohne Custody-Service.

Ergebnis: Passives Hedging durch simples Rebalancing – flexibel und effizient.

Fall 2: Stable Liquidity Provider in der Schweiz

Ein DeFi-Poweruser in der Schweiz möchte USD-Risiken vermeiden und setzt konsequent auf den Stablecoin ZCHF. Trotz niedrigerer Liquidität nutzt er ihn als Basistoken in Pools (z. B. bei Curve) und bei persönlichen Überweisungen – ein konsequenter Weg zur Währungsnähe im Portfolio.

Ergebnis: CHF-Exposure on-chain – ganz ohne klassischen Bankkontakt.

Fall 3: Treasury-Strategie eines europäischen Krypto-Unternehmens

Ein Schweizer Kryptoanalyse-Startup hält USDC und ZCHF, um Einnahmen und Betriebskosten währungskonform zu managen. Kunden zahlen oft in USDC; ein Teil wird in ZCHF geswappt, um CHF-basierte Kosten (Löhne, Steuern) abzusichern – vollständig dezentral, ohne Verwahrstelle.

Mit unserem Performance Reporting kannst du die Performance deiner Stablecoin-Strategie genau analysieren – professionelle Auswertungen ohne manuellen Aufwand. Das Tool hilft dir, die tatsächliche Performance deiner Währungsstrategie zu verfolgen und deine Allokation entsprechend zu optimieren.

Ergebnis: Einfache, aber wirkungsvolle Treasury-Strategie – effizient, nachvollziehbar, bankfrei.


5. Infrastrukturlücke: Was heute noch fehlt

❌ Keine echten Spotmärkte

Die meisten FX-Swaps laufen über AMMs wie Uniswap oder Curve. Das reicht für kleine Summen – aber Limit Orders, Tiefe und Geschwindigkeit eines echten FX-Markts fehlen völlig.

❌ Keine Derivate

Es gibt keine FX-Futures oder Optionen auf Stablecoin-Basis. Absicherungsmöglichkeiten für mittel- bis langfristige Wechselkursrisiken bleiben damit theoretisch.

❌ Fragmentierte Ökosysteme

Stablecoin-Liquidität ist auf viele Chains verteilt (Ethereum, Polygon, Arbitrum …), es fehlt an einheitlicher Infrastruktur. Bridging ist riskant, Oracles uneinheitlich.

❌ Keine FX-Indizes oder Aggregatoren

Es fehlen verlässliche Benchmarks für Stablecoin-FX – also keine Indizes, keine Cross-Pair-Preisübersichten, keine automatisierten Allokationsstrategien.

Kurz gesagt: Das Fundament eines echten FX-Markts fehlt noch. Aber gerade deshalb finden risikobewusste Early Adopters hier Raum für strategische Vorteile.


6. Ausblick: Noch roh – aber vielversprechend

Der Gedanke eines globalen Devisenmarkts auf der Blockchain mag utopisch wirken – und heute ist er das auch noch. Doch wer das Thema zu früh abtut, übersieht das Potenzial.

Denn für alle, die in mehreren Währungen denken (müssen), ist Stablecoin-FX schon heute praktisch nutzbar:

  • Absicherung internationaler Einnahmen (z. B. DeFi-Zinsen in USD)
  • Halten von digitalen Rücklagen in mehreren Fiat-Währungen
  • On-chain Währungswechsel – ohne Banken, ohne Bürokratie

Ja, die Tools sind noch roh. Ja, die Spreads sind teils hoch. Aber die Grundstruktur steht – und verbessert sich stetig. Wenn DeFi weiter reift, könnte hier ein echter, offener FX-Markt entstehen: transparent, permissionless, effizient.

Stablecoin Währung Typ Peg-Stabilität Liquidität Transparenz
USDC USD Fiat-gestützt 🟢 Stabil 🟢 Hoch 🟢 Audit & öffentlich
EUROC EUR Fiat-gestützt 🟢 Stabil 🟡 Mittel 🟢 Audit & öffentlich
ZCHF CHF Krypto-besichert 🟢 Stabil 🟡 Gering 🟡 Offener Code
XSGD SGD Fiat-gestützt 🟢 Stabil 🟡 Mittel 🟢 Reguliertes Projekt
agEUR EUR Synthetisch 🔴 Schwankend 🟡 Mittel 🟡 Teilweise transparent
jCHF CHF Synthetisch 🔴 Schwankend 🔴 Gering 🔴 Wenig nachvollziehbar