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RISK

Treno.Finance

TL;DR

Ja, der Kurs lohnt sich. Das Zertifikat motiviert, auch wenn nicht jedes Modul spannend ist. Am Ende rundest du dein Wissen ab und kannst sicher sein, dass du es fundamental und richtig gelernt hast, dafür steht der Name der Universität Genf.

1. Warum ich mich für die Weiterbildung interessiert habe

Ich beschäftige mich seit Jahren mit Risk Management, aber auf meine eigene Weise. Ich habe mir das Wissen aus Papern, Frameworks, Gesprächen und Workshops selbst erarbeitet. Viele Einzelteile, viele Perspektiven. Doch irgendwann stellt sich die Frage: Wie sieht das Ganze aus, wenn man es didaktisch sauber, von Grund auf, lernt?

Genau das war mein Antrieb. Ich wollte das Thema nicht nur verstehen, sondern einmal systematisch von vorne nach hinten durchdenken. Denn auch wenn Risk Management im Alltag oft pragmatisch behandelt wird, in der Tiefe ist es hochkomplex. Und gerade das reizt mich: Nicht nur Symptome betrachten, sondern Ursachen. Nicht bei Methoden einsteigen, sondern bei Begriffen, Prinzipien, Modellen.

Was ich am akademischen Ansatz schätze, ist genau das: Man beginnt bei null. Und deshalb war ich auf der Suche nach den Grundfesten, nach einer fundierten Einführung in ein Thema, das ich längst kenne, aber nie in dieser Tiefe durchstrukturiert erlebt habe.


2. Steckbrief

Feld Details
Plattform Coursera
Anbieter New York Institute of Finance (NYIF)
Dauer Flexibel, 4 Wochen
Kosten 79$ pro Monat
Abschluss Spezialisierung-Zertifikat (Coursera & NYIF)
Kurs 1 Introduction to Risk Management
Kurs 2 Credit Risk Management: Frameworks and Strategies
Kurs 3 Market Risk Management: Frameworks & Strategies
Kurs 4 Operational Risk Management: Frameworks & Strategies
Sprache Englisch, mit deutschen Untertiteln

3. Inhalte & Aufbau

Die Spezialisierung besteht aus vier Kursen. Der erste dient als Fundament: Er vermittelt die zentralen Begriffe und Konzepte, auf denen die drei folgenden Module aufbauen. Danach geht es jeweils tiefer in die Materie, jeder Kurs fokussiert sich auf einen anderen Aspekt des Risk Managements.

Besonders auffällig ist dabei die inhaltliche Trennung der Risikofelder. Anders als in vielen allgemeinen Frameworks, in denen Risiken oft gemischt betrachtet werden, trennt der Kurs klar zwischen:

  • Marktrisiko
  • Kreditrisiko
  • Operationellem Risiko

Diese Aufteilung ist sinnvoll, vor allem aus Sicht der Finanzmärkte: Markt- und Kreditrisiken lassen sich in der Regel quantitativ erfassen. Sie arbeiten mit harten Zahlen, Modellen und Wahrscheinlichkeiten. Das operationelle Risiko hingegen entzieht sich oft dieser Form der Berechnung, hier dominieren qualitative Einschätzungen oder hybride Methoden.

Gerade diese Differenzierung, was ist messbar, was nicht, zieht sich als roter Faden durch die Spezialisierung. Und sie zeigt: Risk Management ist kein Einheitsbrett. Jedes Risikofeld hat seine eigene Logik, seine eigene Sprache, und genau das wird hier didaktisch sauber vermittelt.

Ich kann an dieser Stelle verraten, dass wir in unserem Web3 Risk Framework noch differenzierter vorgegangen sind. Auch dort gilt: Im Bereich „Markt“ wird mit harten Zahlen gearbeitet, also quantitativen Metriken wie Volatilität, Handelsvolumen oder Liquidität. Doch die übrigen Kategorien, etwa Governance, Compliance oder Technologie, sind weitgehend qualitativer Natur.

Aber: Auch qualitative Risiken lassen sich mit quantitativen Mitteln bewerten. Nehmen wir das Beispiel Dezentralisierung. Formal ist das ein abstraktes Konzept, schwer greifbar, subjektiv interpretierbar. Doch wenn man es quantifizierbar macht, etwa durch Kennzahlen wie Anzahl der Validatoren, Gini-Koeffizient der Tokenverteilung oder geografische Verteilung der Infrastruktur, wird daraus ein konkreter Risikofaktor. Man kann ihn messen, vergleichen, gewichten.

Genau diese Denkweise, qualitative Risiken strukturiert und nachvollziehbar zu fassen, findet im Kurs nur bedingt statt. Und gerade deshalb war es für mich spannend, das didaktische Konzept des NYIF-Kurses mit unserem eigenen methodischen Ansatz zu vergleichen.


4. Meine Erfahrung

Schwierigkeit & Zeitaufwand:

Ich empfand diesen Kurs als schwer zugänglich. Nicht wegen des Themas an sich, das hatte ich mir bereits über viele Jahre erschlossen –, sondern wegen der didaktischen Umsetzung. Nach dem einführenden Grundlagenkurs wird es holprig. Die Videos sind lang, was relativ zu sehen ist: Ich halte regelmässig an und mache Notizen. Doch genau da beginnen die Probleme.

Die Folien sind überladen, teilweise mit ganzen Textblöcken versehen. Es fällt schwer, strukturierte und prägnante Notizen zu erstellen. Auch die inhaltliche Kohärenz hat mich gestört: Man springt zwischen Themen hin und her, dreht Schleifen, kehrt zurück, ohne dass ein klarer, systemischer Blick entsteht. Dabei wäre gerade dieser zentral, wenn man Risiken wirklich verstehen will, als ineinandergreifende, dynamische Grössen, nicht als isolierte Vokabeln.

Dozentenqualität:

Die Dozentenqualität ist in Ordnung, mehr aber auch nicht. Die Inhalte werden überwiegend in Form eines Videogesprächs vermittelt, es wirkt, als sässe man in einem Zoom-Call mit jemandem vom Institut. Folien oder visuelle Hilfsmittel werden kaum eingesetzt, was den Vortragsstil sehr erzählerisch macht.

Das ist sicher gut gemeint und angenehm zu verfolgen. Doch genau das erschwert das Lernen: Es lädt zum Zuhören ein, nicht zum Mitdenken. Wer sich Inhalte aktiv erarbeiten will, tut sich schwer. Es fehlt die didaktische Struktur, die einen systematischen Aufbau erlaubt. Der Dozent wirkt kompetent, aber ohne besondere Tiefe in der Vermittlung. Insgesamt: bestenfalls solide, aber nicht inspirierend.

Materialqualität:

Die Materialqualität ist akzeptabel. Es werden durchaus Grafiken eingeblendet, an denen auch aktiv erläutert und markiert wird. Doch die grundsätzliche didaktische Unschärfe bleibt bestehen: Die Inhalte wirken oft unstrukturiert, die Folien überladen, das Wesentliche schwer greifbar. Es fehlt die visuelle Klarheit, die den Stoff in nachvollziehbare Abschnitte gliedert.

Man kann damit arbeiten, keine Frage. Doch es kostet Mühe, weil man sich aus der Überfülle an Information das Relevante selbst herausfiltern muss. Das ist nicht unmöglich, aber es ist anstrengend, und es wäre mit besserer Aufbereitung vermeidbar gewesen.